Das Geheimnis von Summerstone by Gitty Daneshvari

Das Geheimnis von Summerstone by Gitty Daneshvari

Autor:Gitty Daneshvari [Daneshvari, Gitty]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: PeP eBooks
veröffentlicht: 2010-04-19T22:00:00+00:00


15

Jeder hat vor etwas Angst: Osmophobie ist die Angst vor Gerüchen Nach dem Frühstück gab es für die vier einen kurzen Zwischenstopp im Angstlabor, wo sie eine weitere Vorstellungsübung machten, dann gingen sie ins Klassenzimmer. Madeleine war wieder ein bisschen grün im Gesicht, denn ganz gegen ihren festen Willen hatte sie sich erneut große, lebensechte Spinnen vorgestellt, die auf ihrem Arm herumkrabbelten. Davon war sie gefühlsmäßig so erschöpft, dass sie sich verzweifelt nach einer angenehmen Zerstreuung sehnte.

»Entschuldigung, Mrs Wellington, ich glaube, Sie haben gestern eine Bibliothek erwähnt. Ich weiß zwar nicht, wie es den anderen geht, aber ich würde sehr gerne ein Buch lesen.«

»Oh ja, keine Schule ist vollständig ohne Bibliothek. Sie liegt direkt neben dem Klassenzimmer«, sagte Mrs Wellington und zeigte auf eine dreieckige Tür.

Eine glänzende Glocke aus Kupfer schmückte die Spitze der braunen Tür. Da diese recht niedrig war, musste Mrs Wellington sich bücken und ihre Perücke festhalten, um hindurchzukommen.

Nun sind Bibliotheken in einem so herrschaftlichen Haus wie Summerstone nichts Ungewöhnliches, aber diese spezielle Art von Bibliothek war es doch. Statt Büchern, die fein säuberlich in den Regalen aufgereiht sind, standen dort lauter Glasgefäße. Alle Regale bis auf ein einziges waren dicht an dicht mit Gläsern gefüllt. Das Glanzstück der Bibliothek stand allein auf einem mit Bronze überzogenen Regal nahe der Decke.

In den Gefäßen waren Klumpen, Brocken und Häufchen in verschiedenen Farben von Rosa bis Schwarz, aber die meisten ähnelten im Farbton einer unreifen Banane und waren gelblich-grün.

»Aber was haben Sie denn mit den Büchern gemacht?«, fragte Theo, nachdem er die Wände betrachtet hatte.

»Mit den Büchern? Das hier ist die Bibliothek der stinkenden Lebensmittel.«

»Was?«, fragte Lulu angeekelt.

»Eindrucksvoll, nicht wahr? Wir haben allein eine ganze Wand für verschiedene Käsesorten. Dann gibt es Muscheln, Fisch, faule Eier, gekochten Kohl, Kimchi, Sardinen, Durianfrüchte und all jene Dinge, die durch Fäulnis, Schimmel und die lange Aufbewahrung zu stinken begonnen haben. Ihr glaubt nicht, wie schrecklich ein Thunfisch-Sandwich von der Zweihundertjahrfeier riecht.«

»Was für eine Zweihundertjahrfeier?«, fragte Garrison.

»Der 200. Geburtstag der USA«, sagte Madeleine träumerisch zu Garrison. »Das war 1976.«

»Siehst du, Garrison, sie ist nicht mal Amerikanerin und sogar sie weiß das«, sagte Lulu herablassend.

»Aha, du hast also auch gewusst, was gemeint war?«, knurrte Garrison zurück.

»Gebt doch einfach zu, dass Madeleine klüger ist als ihr alle beide zusammen und macht weiter«, sagte Theo ernst.

»Klüger als wir? Ich hoffe, du willst damit nicht andeuten, dass du klüger bist als wir, Bruder Tuck«, fauchte Lulu erbost.

»Das ist der dicke, ich meine rundliche Freund von Robin Hood«, erklärte Madeleine.

»Seht ihr, dass sie klüger ist als ihr!«, rief Theo triumphierend.

»Nein, bloß klüger als Garrison, nicht als ich«, berichtigte Lulu.

Madeleine seufzte entnervt und verschränkte dann ägerlich die Arme.

»Ich könnte euch allesamt in jeder Sportart in Grund und Boden spielen«, sagte Garrison abwehrend.

»Mit dem Boden sollte man niemals in Kontakt kommen - er ist voller Bakterien«, warf Theo ein.

»Halt die Klappe!«, brüllten Lulu und Garrison gleichzeitig.

»Ihr braucht ihn nicht anzuschreien«, sagte Madeleine ruhig.

»Vielen Dank. Endlich mal jemand, der mich versteht«, sagte Theo theatralisch.

Lulu seufzte und verdrehte die Augen. »Die Augenmuskeln sind wie andere Muskeln - sie werden größer, wenn man sie trainiert«, sagte Theo.



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